"Simonyi - Papierskulpturen · Papírszobrok · Paper sculptures · Plastiche in carta",
Kunstverein Rosenheim - Budapest Galerie, 2000


Emö Simonyi - Papierplastiken

Das Figürliche, seit je Schwerpunkt der Malerei von Emö Simonyi, bekam 1998, während einer Gastprofessur in Hamburg, eine räumliche Dimension. Einer anschließenden Einladung in die Kunsthalle Szombathely in Ungarn folgend, provozierte deren Raumsituation förmlich die Weiterführung der Hamburger Variante. Dies kam der schon lange gehegten Absicht entgegen, Malerei in den Raum zu stellen.
In diesem Zusammenhang stehen die bereits 1983 entstandenen großformatigen malerischen Arbeiten auf Packpapier, damals angeregt durch den Besuch der Retrospektive von Wilfredo Lam im Museum für moderne Kunst, Paris. Auch das 'Corpo'-Projekt von 1988 in Italien, ausgezeichnet mit dem Kunstpreis "zombathely ausgeführten, über 3 m hohen Papierplastiken handelt es sich um modernes Recycling-Material, im kubischen Urzustand belassene Kartonagen, übereinander gestapelt und im Sinne einer umgehbaren Bildoberfläche rundherum bemalt. Papierplastiken verlangen eine bestimmte 'Bautechnik'; in diesem Falle assoziiert sie sowohl diejenige der mittelalterlichen Konsolenarchitektur mit ihren übereinandergebauten, nach oben breiter werdenden Kuben; andererseits aber auch moderne Technologien in Architektur und im Karosserie-Design, wo an sich schwaches Material durch Faltungen an Stabilität gewinnt.
Das 'billige' gesellschaftliche Abfallprodukt Karton als künstlerisches Ausgangsmaterial, die damit verbundene bewußte Reduktion der dreidimensionalen Formen auf den Kubus, tragen selbstverständlich den geistigen Einfluß von Dadaismus und Kubismus in sich, während die expressive Bemalung in der Pop-Art, etwa eines frühen C. Oldenburg, seine Vorgänger hat. Von diesen unterscheidet sich der Wunsch aus den leichten Billigmaterialien des modernen Alltagslebens eigene, totemhafte Kultfiguren zu gestalten, die Ernsthaftigkeit und Würde einer Osterinselfigur auf die eigene Arbeit zu übertragen. Das bedeutet durch die Bauart der Plastiken, ihre Statik, ihre Haltung, durch die Größenverhältnisse von Körper und Haupt wie auch durch das 'Gewicht' ihrer Bemalung mit mehreren Tonnen Stein Schritt halten zu können.
Das Ergebnis steckt voller stimulierender Gegensätze: Es sind roboterhafte, aber zugleich archaisch anmutende Figuren mit männlichen und weiblichen Attributen voller lebenstreibender Sexualität. Deren riesige Ausmaße, sowie deren farbige Wucht stehen im Kontrast zu der Leichtigkeit und Zerstörbarkeit; die prächtige Bemalung zu der Billigkeit des Trägermaterials; die lebensstrotzende Expressivität einer räumlich illusionistischen Malerei mit Bäuchen und Brüsten zu der statisch-totemhaften Haltung und der ruhigen Glätte der Kartonoberflächen. Aber auch die an Osterinselfiguren erinnernden riesigen Köpfe der Figuren mit ihren Unterteilungen und Würfeldrehungen stehen in Spannung zu den ruhigen Körpern.   

      Gabriele Bartning

 

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